Turm in Flammen! Die Fahndungsakte „Feuerteufel“ – Eine Sonderausstellung im Hölderlinturm
Pressemitteilung vom 20.09.2024
Das Museum Hölderlinturm Tübingen präsentiert vom 20. September 2024 bis zum 19. Januar 2025 seine neue Sonderausstellung „Turm in Flammen! Die Fahndungsakte ‚Feuerteufel‘“. Mittelpunkt dieser True Crime-Ausstellung ist eine bisher unentdeckt gebliebene Feuerpolizeiakte des Oberamts Tübingen zu einem bis heute ungeklärten Brandstiftungsfall. Die Akte wird nun erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In der Ausstellung können die Besucher_innen in die Stadtgeschichte eintauchen und dabei nicht nur die gesellschaftlichen Verhältnisse zu jener Zeit erkunden, sondern sich auch selbst in die Rolle der Ermittler_innen versetzen.
In der Nacht zum 15. Dezember 1875, also vor fast 150 Jahren, wurde das Haus, in dem der Dichter Friedrich Hölderlin von 1807 bis 1843 gelebt hatte, bis auf die mittelalterlichen Mauerreste und Fundamente komplett zerstört. Wenige Monate später wurde es als Neubau in komplett veränderter Gestalt wiederaufgebaut – es entstand der berühmte Hölderlinturm, das Wahrzeichen Tübingens. Die genauen Umstände des Brandes blieben trotz umfangreicher Zeugenbefragungen der damaligen Polizei ungeklärt und bilden bis heute Anlass für Gerüchte. Mit der jüngst im Staatsarchiv Sigmaringen entdeckten Akte kann nun erstmalig belegt werden, dass wohl tatsächlich Brandstiftung Ursache des Feuers war. Die im Original ausgestellte Polizeiakte dokumentiert den Brandvorgang, den entstandenen Schaden und vor allem: detaillierte, zu Protokoll gegebene Zeugenbefragungen, die im Zuge der Ermittlungen durchgeführt wurden. Obwohl es Verdächtigungen gab, kam es zu keiner Gerichtsverhandlung und keiner Verurteilung.
Die Ausstellung rollt dabei nicht nur einen spannenden und in seinen Details urkomischen Kriminalfall wieder auf, sondern sie hinterfragt auf einer zweiten Ebene auch die Romantisierung des Hölderlinturms, ohne allerdings seine kulturelle Bedeutung in Frage zu stellen. Die Erinnerung an Friedrich Hölderlin ist unzweifelhaft mit keinem Ort so stark verknüpft wie mit dem Tübinger Turm, der sich so pittoresk an die Neckarfront anlehnt und unweigerlich zu der Vorstellung beiträgt, die sich seine Besucher_innen von Hölderlins zweiter Lebenshälfte machen. Wenn dieses Bild auch noch so gut zur Erzählung des isolierten, genialen aber wahnsinnigen Dichters in seinem Turm passt, so muss doch vor Augen geführt werden, dass dieser „turmartige Vorbau“, wie einst ein Besucher Hölderlins den Erker nannte, erst etwas mehr als dreißig Jahre nach dessen Tod seine heute ikonisch gewordene Form erhielt.
Neben der Feuerpolizeiakte werden zeitgenössische Fotografien, Zeitungsartikel, Baupläne und weitere Dokumente gezeigt, die das historische Umfeld und die damalige Berichterstattung über den Brandfall beleuchten. An einer Medienstation können die Besucher_innen vertonte Zeugenaussagen aus der Brandnacht anhören und die transkribierte Akte selbst nach Hinweisen auf den Tathergang durchforsten. Zudem illustrierte Comiczeichner Peter Puck die Galerie der Verdächtigen und kommentiert und ironisiert die Geschehnisse während und nach der Brandnacht mit eigens angefertigten Cartoons. Stephan Potengowski entwickelte die Szenografie zur Ausstellung.
Die Ausstellung wird gefördert aus Landesmitteln durch die Arbeitsstelle für literarische Museen, Archive und Gedenkstätten in Baden-Württemberg am Deutschen Literaturarchiv Marbach und ist eine Kooperation des Museums Hölderlinturm mit dem Institut für Medienwissenschaft der Eberhard Karls Universität Tübingen und der Abteilung Staatsarchiv Sigmaringen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
Begleitprogramm zur Ausstellung
- Sonntag, 22. September 2024, ab 14 Uhr
Historische Schauübung der Freiwilligen Feuerwehr Tübingen:
Schaulustige können rund um den Hölderlinturm und von der Neckarinsel aus beobachten, mit welchen Werkzeugen und welcher Ausrüstung die Feuerwehr 1875 versucht hat, den Brand des Hölderlinturms einzudämmen. Zum Einsatz kommen originale Uniformen, Pumpen und Spritzen aus der Zeit. Der spektakuläre Rettungsversuch aus Hölderlins Turmzimmer wird nachgestellt. Es kommentieren Florian Mittelhammer und Bernd Gugel.
- Sonderführungen zur Ausstellung finden am 29. September, 13. Oktober und 10. November jeweils um 14 Uhr statt. Eine Anmeldung unter www.hoelderlinturm.de/veranstaltungen oder telefonisch unter 07071 204-1860 ist nötig.