Prävention von sexualisierter Gewalt in Einrichtungen der Behindertenhilfe: Vortrag und Workshop für Fachpersonal
Pressemitteilung vom 16.06.2025
Seit einer Studie aus dem Jahr 2012 sind das Thema sexualisierte Gewalt in Einrichtungen der Behindertenhilfe und ihr Ausmaß bekannt. Aktuelle Studien aus 2024 geben keinerlei Entwarnung. Dies nimmt die Universitätsstadt Tübingen in Kooperation mit der Anlaufstelle sexualisierte Gewalt in Tübingen (AGIT) zum Anlass, das Thema mit einem Vortrag und einem Workshop für Fachkräfte aufzugreifen:
- Dienstag, 1. Juli 2025, 19 bis 21 Uhr: „Wirksame Kultur des Hinschauens entwickeln: Prävention sexualisierter Gewalt in Einrichtungen der Behindertenhilfe“
Vortrag von Dr. med. Werner Tschan (Basel) im Rathaus am Markt, Ratssaal, 1. Stock.
Der Raum ist barrierefrei zugänglich. Eine induktive Höranlage ist vor Ort. Der Eintritt ist frei. Es begrüßt Bürgermeisterin Dr. Gundula Schäfer-Vogel.
„Schweigen ist die stärkste Waffe der Täter_innen“, sagt Werner Tschan. In seinem Vortrag nimmt er kritisch in den Blick, welche Rolle die Institution (Wohnheim, Werkstatt) in Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt spielt. Wie werden Machtgefälle und Organisationsstruktur zu Faktoren, die Übergriffe befördern? Welche Täterstrategien werden dadurch gestärkt? Welche Wege führen aus diesen Gewaltzusammenhängen heraus? Was sind hilfreiche Strategien, „die Einfühlungsverweigerung bei sexualisierter Gewalt“ (Tschan) zu überwinden?
- Mittwoch, 2. Juli 2025, 9.30 bis 13.30 Uhr: „Sexualisierter Gewalt vorbeugen! Gewaltschutz in der Region: Konzepte entwickeln, beteiligen, umsetzen“
Workshop mit Dr. med. Werner Tschan (Basel), im Frauen*ProjekteZentrum, Weberstraße 8. Der Veranstaltungsraum ist barrierefrei zugänglich. Die Teilnahme kostet 50 Euro. Anmeldung über die Internetseite des Vereins Pfunzkerle e.V. und über www.tuebingen.de/barrierefrei
Seit 2021 sind Einrichtungen der Behindertenhilfe verpflichtet, ihre Nutzer_innen wirksam vor Gewalt zu schützen. Im § 37a Sozialgesetzbuch IX werden hierfür einrichtungsspezifische Gewaltschutzkonzepte als geeignete Maßnahmen genannt. Gewaltschutzkonzepte sind ein wesentlicher Beitrag, innerhalb der Einrichtungen sexualisierter Gewalt aktiv und präventiv zu begegnen. Im Landkreis Tübingen haben Einrichtungen dazu bereits Konzepte entwickelt. Welche Erfahrungen haben sie gemacht? Der Workshop nimmt die Impulse aus dem Vortrag auf und fragt nach konkreten Umsetzungsmöglichkeiten im Landkreis Tübingen.
Der Referent Dr. med. Werner Tschan (Basel) ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie mit dem Schwerpunkt nachhaltige Gewaltprävention. Er ist Autor mehrerer Fachbücher zu (sexuellen) Grenzverletzungen und Fehlverhalten von Fachleuten.
Zehn Jahre Anlaufstelle sexualisierte Gewalt in Tübingen (AGIT)
Am 1. Juli 2015 öffnete die Anlaufstelle sexualisierte Gewalt in Tübingen (AGIT) offiziell ihre Türen – mit zwei Standorten, getragen von den beiden Vereinen Frauen helfen Frauen und Pfunzkerle in enger Kooperation. Vorausgegangen war ein dreijähriger Entwicklungsprozess. In mehreren Ausschusssitzungen des Gemeinderates wurde der Bedarf diskutiert sowie der Umfang einer solchen Fachberatungsstelle konzipiert. In der Folge stellte der Gemeinderat zunächst für drei Jahre jährlich 60.000 Euro in den städtischen Haushalt ein. Eine weitere finanzielle Sicherung folgte. In seiner zehnjährigen Arbeit hat AGIT auch Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen und darunter besonders Menschen, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe leben oder arbeiten, zu dem Thema auf vielfältige Weise angesprochen. Unter anderem erstellte AGIT dazu auch Materialien in Leichter Sprache und baute ein niederschwelliges Netzwerk von Vertrauenspersonen auf.
Der Vortrag und Workshop werden von der Universitätsstadt Tübingen in Kooperation mit der Anlaufstelle Sexualisierte Gewalt (AGIT) der Vereine Frauen helfen Frauen und Pfunzkerle im Rahmen des zehnjährigen Jubiläums von AGIT organisiert. Beide Veranstaltungen finden statt in der Reihe „15 Jahre Erklärung von Barcelona: Themen – Projekte – Beteiligung“.