Wie funktioniert die Spanneneinordnung im Mietspiegel?
Eine Abweichung von der Spannenmitte muss durch konkrete Wohnwertmerkmale begründet werden, die vom durchschnittlichen zeitgemäßen Ausstattungsstandard abweichen und die im Mietspiegel noch nicht berücksichtigt sind. Es ist nicht zulässig, pauschal die Spannenobergrenze anzusetzen (siehe insb. BGH Urteil vom 4. Mai 2011 - VIII ZR 227/10).
In der Rechtsprechung wird darauf hingewiesen, dass die Einzelvergleichsmiete schon deshalb nicht in jedem Fall mit dem höchsten Wert der Mietspiegelspanne angesetzt werden kann, weil sonst die Ausweisung von Mietzinsspannen im Mietspiegel jegliche Funktion verlieren würden (s. BHG Urteil vom 20. April 2005 - VIII ZR 110/04, aaO).
Die Stadtverwaltung Tübingen empfiehlt eine Orientierung am Mittelwert der Spanne. Eine rechtssichere präzisere Einschätzung müsste durch ein Mietwertgutachten erfolgen. Es ist nicht möglich aufgrund eines einzelnen Merkmals, wie „sehr guter Erhaltungszustand“ oder „kein Keller vorhanden“ direkt an der Spannenober- oder Untergrenze anzusetzen. Vielmehr müsste eine Gesamtbetrachtung und Gewichtung der Wohnungsmerkmale erfolgen.
Die folgende Auflistung relevanter Merkmale ist nicht vollständig oder abschließend, sondern soll dazu dienen, die Komplexität der Spanneneinordnung zu illustrieren:
- Lage zu 25 Prozent (Vergleich mit anderen Wohnlagen in derselben Zone des Tübinger Mietspiegels: beispielsweise Art und Zustand der Umgebungsbebauung, Grün- und Freiflächen, Beeinträchtigungen durch gewerbliche und sonstige Nutzungen, Erreichbarkeit von Gebäuden des Gemeinbedarfs, Beeinträchtigung durch Straßenverkehr, Angrenzung von Gebäude an Straße, Parkmöglichkeiten)
- Art zu 15 Prozent (neben den im Mietspiegel erfassten Merkmalen sind das beispielsweise Geschosszahl, Anzahl der Mietparteien, gewerbliche Nutzungen im Haus, Angrenzung an Nachbargebäude)
- Beschaffenheit zu 25 Prozent (neben den im Mietspiegel erfassten Merkmalen sind das beispielsweise architektonische Gestaltung, Geschosslage, Grundriss, Abstellmöglichkeiten, Außensitzplatz, Belichtung und Belüftung, Unterhaltungszustand)
- Ausstattung zu 35 Prozent (neben den im Mietspiegel erfassten Merkmalen sind das beispielsweise Denkmalschutz, Gestaltung Außenanlage, Gestaltung Treppenhaus, Gemeinschaftsräume, wie Waschküche, Trockenraum, Schwimmbad, Sauna oder Partyraum, Möblierung, (Garagen-)Stellplätze)
(Quelle: Schwirley und Dickersbach 2017: Die Bewertung von Wohnraummiete bei Miet- und Verkehrswertgutachten)