AfD sagt Demonstration in Tübingen ab
Pressemitteilung vom 18.07.2025
Die angekündigte Demonstration der AfD am Samstag, 19. Juli 2025, in der Tübinger Innenstadt hatte für große Unruhe in der Stadtgesellschaft gesorgt. Vertreter des Tübinger Einzelhandels wandten sich an Oberbürgermeister Boris Palmer mit der Bitte, nach Wegen zu suchen, die Demonstration zu verlegen. Denn sowohl der ursprünglich vorgesehene Holzmarkt als auch der nun zugewiesene Raum in der Karlstraße als Ort der Demonstration lassen befürchten, dass der Handel zum Start des Sommerschlussverkaufs mit massiven Einbußen rechnen muss.
Diese Sorge ist wohlbegründet. Die Bürgergesellschaft in Tübingen wird mit großer Sicherheit eine viele Tausend Köpfe starke Gegendemonstration auf die Beine stellen. Das wird den Busverkehr im Stadtzentrum zum Erliegen bringen. Ein großer Polizeieinsatz wird notwendig sein, um die beiden Gruppen zu trennen. Dass in einer solchen Situation die Kunden des Einzelhandels das Weite suchen oder gar nicht erst in die Stadt kommen, ist unvermeidlich.
Rechtlich ist eine Verlegung zum Schutz des Einzelhandels vor Umsatzverlusten aber nicht möglich. Das Grundgesetz garantiert das Demonstrationsrecht und die weitgehend freie Wahl des Ortes und der Zeit. Nur aus Sicherheitsgründen sind Einschränkungen möglich. Oberbürgermeister Palmer trat daher an die AfD mit der Frage heran, ob die Demonstration auf einen unkritischen Zeitpunkt, beispielsweise einen Mittwoch um 18 Uhr, verlegt werden könnte. Der AfD-Landtagsabgeordnete Sandro Scheer verneinte das, bot aber stattdessen an, die Demonstration abzusagen, wenn der Oberbürgermeister sich im Gegenzug bereiterklären würde, mit AfD-Abgeordneten in einer Halle in Tübingen eine öffentliche Diskussion zu führen.
Aus Sicht des Oberbürgermeisters hätte eine Absage der Demonstration erhebliche Vorteile: Der Innenstadthandel müsste keine Umsatzeinbußen hinnehmen. Der Busverkehr würde ungestört funktionieren. Ein großer Polizeieinsatz mit den damit verbundenen Kosten und Belastungen des Personals könnte vermieden werden.
Die Nachteile einer öffentlichen Debatte von Abgeordneten der AfD mit dem Oberbürgermeister sind materiell deutlich geringer. Sicher müsste die Veranstaltungshalle auch durch die Polizei gesichert werden. Das wäre aber offenkundig einfacher zu bewerkstelligen als bei einer Demonstration im öffentlichen Raum. Umsatzverluste für den Handel wären gar nicht zu erwarten. Politisch ist allerdings ein Schaden zu befürchten, weil eine solche Diskussion als Bühne für die AfD oder als Beitrag zu ihrer Normalisierung verstanden werden könnte.
In der Abwägung der Vor- und Nachteile beider Varianten hat sich der Tübinger Oberbürgermeister bereiterklärt, eine Diskussion mit AfD-Abgeordneten zu führen. Dies entspricht seiner langjährigen Grundüberzeugung, dass Diskussion und Argumente in der Demokratie auch dann die richtigen Instrumente der Auseinandersetzung sind, wenn eine Partei vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft ist, aber nicht verboten. Die AfD hat ihrerseits im Gegenzug die geplante Demonstration beim Tübinger Ordnungsamt abgesagt. Sie wird nicht stattfinden.
Der genaue Termin für die Podiumsdiskussion steht noch nicht fest. Sie soll aber Anfang September 2025 stattfinden, um mindestens ein halbes Jahr Abstand zur Landtagswahl einzuhalten.