Streitgespräch mit der AfD: Offener Brief von OB Boris Palmer
Pressemitteilung vom 03.09.2025
Zwei Tage vor dem Streitgespräch zwischen Boris Palmer und Markus Frohnmaier wendet sich der Tübinger Oberbürgermeister mit einem offenen Brief an die Tübinger Bürgerinnen und Bürger:
Liebe Tübingerinnen und Tübinger,
am 21. Juli 2007 hat die Jugendorganisation der rechtsextremen NPD versucht, in unserer Stadt zu demonstrieren. Tausende von Ihnen sind damals auf den Marktplatz gekommen und haben für „Vielfalt statt Einfalt“ demonstriert – laut, klar und friedlich. Anschließend haben wir am Bahnhof eine Menschenkette gebildet und Hand in Hand dem Nachwuchs der NPD den Zugang zu Tübingen verweigert. Niemand wurde verletzt, und unsere Stadt hat gezeigt, wofür sie steht. Ich war damals jung im Amt und kein Tag hat sich mir so eingeprägt wie dieser.
Heute, 18 Jahre später, ist die Lage ernster. Während die NPD damals keine Gefahr für unsere Demokratie war, ist es mit der AfD anders. Sie ist bundesweit stark geworden und lässt Rechtsextremisten in ihren Reihen gewähren. Gerade deshalb müssen Demokratinnen und Demokraten aller Überzeugungen jetzt zusammenhalten.
Als Oberbürgermeister habe ich entschieden, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem AfD-Landesvorsitzenden zu führen. Zunächst, um Schaden vom Handel unserer Stadt abzuwenden, aber auch in der Überzeugung, dass wir die laut Umfragen stärkste Partei im Land inhaltlich stellen und entlarven müssen. Darüber sind die Meinungen in unserer Stadt geteilt: Die einen halten diesen Versuch für richtig, die anderen lehnen ihn ab. Doch über diesen Dissens in einer Sachfrage dürfen wir nicht übersehen, dass wir im Grundsatz einig sind. Denn unser gemeinsames Ziel ist klar – wir wollen Rechtsextreme und Verfassungsfeinde aus Tübingen fernhalten.
Sehr gerne hätte ich das am Freitag mit einer Rede bei der Gegendemonstration unterstrichen. Die Veranstalter möchten darauf verzichten, und das respektiere ich. Aber auf diesem Wege möchte ich Ihnen meine volle Unterstützung zusichern.
Ich wünsche mir, dass unsere Antwort machtvoll und unübersehbar ist – und zugleich so friedlich wie damals 2007. Bitte lassen Sie sich nicht provozieren, folgen Sie den Anweisungen der Polizei und zeigen Sie klar: In Tübingen haben Rechtsextremisten keinen Platz.
Herzlich
Boris Palmer
Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen